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Faktencheck: Apfelbäume besser für das Klima als Wälder?

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Seit Herbst sieht man in einigen Südtiroler Apfelanlagen Schilder mit Zahlen zur CO₂-Bindungsleistung von Apfelbäumen gegenüber dem Wald. Der Wald schneidet dabei schlechter ab, da er angeblich nur 6 Tonnen binde im Vergleich zu den vermeintlichen 16 Tonnen die Obstbäume bänden. Die Fixierungsleistung von Ökosystemen wie Wäldern oder Kulturpflanzungen wird seit einigen Jahren diskutiert, weil Pflanzen durch die Photosynthese CO₂ in Biomasse (Blätter, Stengel, Stamm, Wurzeln) umwandeln und so das klimaschädliche Gas aus der Atmosphäre entnehmen.

Die Schilder suggerieren, dass der intensive Apfelanbau mit 16 Tonnen deutlich mehr CO₂ fixiert, als ein gleich großes Stück Wald mit 6 Tonnen.

Diese Zahlen sind falsch.

Messungen, die von Wissenschaftler*innen rund um den Globus und in Südtirol selbst durchgeführt wurden, zeigen:

  1. Ein großer Teil des von Obstbäumen gebundenen CO₂ bleibt nicht auf dem Feld bzw. im Obsthain, sondern wird jedes Jahr in Form der Früchte wegtransportiert. Die Früchte werden konsumiert und das so fixierte CO₂ wird teilweise wieder freigesetzt. Ein Wald bleibt hingegen trotz regelmäßiger Holzentnahme relativ stabil bezüglich seiner Kohlenstoffbilanz.
  2. Für die Bewirtschaftung einer Obstanlage fallen viele Spritz-, Dünge- und andere Kulturmaßnahmen an. Dafür werden Traktoren und Hebebühnen eingesetzt, die genauso wie Spritz- und Düngemittel Klimaemissionen verursachen. Auch im Wald fallen Arbeiten mit schwerem Gerät an, jedoch deutlich weniger, und es wird auch nicht gespritzt oder gedüngt. Der CO₂-Abdruck ist also auch in bewirtschafteten Wäldern wesentlich geringer.
  3. Obstplantagen werden in regelmäßigen Abständen von 15-20 Jahren neu gepflanzt, d.h. die alten Bäume werden herausgerissen mitsamt Wurzelstock und neue Bäumchen werden gepflanzt. Das Baum-Holz wird meistens verfeuert. Dabei wird das gebundene CO₂ wieder freigesetzt. Mehr noch: durch das Herausreißen der Wurzeln wird auch ein Teil des im Boden durch die Wurzeln gebundenen CO₂ in die Atmosphäre freigelassen. Im bewirtschafteten Wald wird hingegen nie ein kompletter Wald abgeholzt, sondern lediglich einzelne Bäume entnommen. Die Wurzelstöcke bleiben dabei meist in der Erde, sodass viel mehr des fixierten CO₂ immobil bleibt.

Aus diesen Gründen sieht die richtige CO₂-Bilanz von Obsthain und Wald so aus:

1ha Obstanbau (integriert)1ha Wälder (Nadel- und Laubbäume)
Fixierung14,7 t CO₂14,7 t CO₂ Nadelwald (11,4 t Laubwald)
Verluste– 11,6 t CO₂ durch Apfelernte
Summe= 3,1 t CO₂= 14,7 t CO₂ (11,4 t Laubwald)

Anmerkungen: Die Bewirtschaftung beider Kulturformen, Apfelanlage und bewirtschafteter Wald, erzeugt CO₂-Emissionen. Im Wald werden Arbeiten mit schwerem Gerät und Motorsägen durchgeführt, im Obstanbau nutzt man für die Pflege-, Schnitt- und Spritzmaßnahmen Traktoren und Hebebühnen. Diese Arbeiten fallen in der Apfelproduktion jedoch wesentlich häufiger an, da allein die Spritzbehandlungen (Fungizide, Herbizide, Ausdünnmittel etc.) mindestens 24 mal pro Jahr durchgeführt werden müssen und auch die CO₂-Emissionen bei der Produktion der Spritz- und zu einem kleineren Anteil auch Düngemittel miteinbezogen werden müssen. Im Wirtschaftswald wird dagegen weder gedüngt noch gespritzt, sodass der CO₂-Abdruck hier wesentlich geringer ist.

Fazit

Die Schilder vermitteln den Eindruck, dass intensiv bewirtschaftete Obstanlagen “Klimaretter” seien und Wälder weniger zur Bekämpfung der Klimakrise beitrügen. Wie der Vergleich von Zahlen aus verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, die u.a. auch im Südtiroler Apfelanbau durchgeführt wurden, ist jedoch das Gegenteil der Fall: Nadel- und Laubwälder haben eine deutlich bessere CO₂-Fixierungsbilanz als Obstplantagen. Nicht nur fallen Kulturpraktiken wie Spritzen und Traktorfahrten im Wald wesentlich seltener an. Auch wird Biomasse, also Holz, nur in begrenzten Mengen dem Wald entnommen, während ein Apfelhain nach ca. 20 Jahren vollständig abgeholzt und das Stammholz meistens verfeuert wird. Dadurch wird auch ein Großteil der am Ende übrig bleibenden CO₂-Menge von 3,1 t, welche die Apfelbäume fixiert haben, wieder an die Atmosphäre abgegeben.

Quellen: